Im Januar diesen Jahres hat die Fraktion LINKE/GRÜNE im Kreistag Saale-Holzland-Kreis Klage gegen den Landrat erhoben. Am kommenden Mittwoch, dem 4. Mai 2022 findet um 11:45 Uhr die mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht in Gera statt. Im Kern geht es um die schon seit vielen Jahren im Kreistag durch den Landrat gelebte Praxis Anträge, die aus seiner Sicht, nicht die Belange des Kreistages betreffen von der Tagesordnung stimmen zu lassen. 

Nach dem uns im Jahr 2019 sogar die Aufnahme von Anträgen in die Tagesordnung verwehrt wurde, hatten wir damals schon erfolgreich dagegen geklagt. Landrat Heller akzeptierte den Beschluss des Gerichts, änderte jedoch nur ein Vorgehen, um thematisch missliebige Anträge im Kreistag nicht diskutieren zu müssen. Nach der Einbringung der Anträge durch den Antragsteller stellte er regelmäßig Anträge der Geschäftsordnung auf Nichtbefassung wegen Nichtzuständigkeit und konnte danke seiner Mehrheit aus CDU, FDP und wechselnden Unterstützerinnen von AfD, Bauern und Bürgerinitiative diese erfolgreich gestalten. Die Anträge wurden ohne inhaltliche Auseinandersetzung weggestimmt. Aus unserer Sicht greift das in das in der Thüringer Kommunalordnung verankerte Initiativrecht der Fraktionen und in das Minderheitenrecht ein. Dies betraf in der Vergangenheit nicht nur Anträge unserer Fraktion.

Folgende Übersicht die Fälle der Nichtbefassung seit dem Urteil des Gerichts im Juni 2020: 

24.06.2020Wir haben Platz – Aufnahme von Geflüchteten aus den griechischen ElendslagernDIE LINKE/GRÜNE
24.03.2021Auswertung Projekt internetbasierte FahrzeugzulassungSPD
31.03.2021Entwicklung kommunale Teststrategie für COVID-19 SchnelltestDIE LINKE/GRÜNE
29.09.2021Bewerbung von Schloß Crossen als Standort für das zu gründende Institut für empirische SteuerforschungAfD
Afrikanische Schweinepest (ASP)DIE LINKE / GRÜNE
Hochwasser und StarkregenDIE LINKE/GRÜNE
Kampagne zur Gewinnung von Lehrerinnen und Lehrern für die Schulen des Saale-Holzland-KreisesDIE LINKE/GRÜNE
15.12.2021Der Saale-Holzland-Kreis wird sicherer HafenDIE LINKE/GRÜNE
Übersicht der Beschlussvorlagen. Mit einem Klick auf den Titel werden Sie auf das Ratsinfoportal des Landkreises weitergeleitet.

Für den speziellen Fall zum Thema Flüchtlingsaufnahme im Landkreis („Der Saale-Holzland-Kreis wird sicherer Hafen“) vom Dezember 2021 lassen wir diese Praxis nun per Klage vom Verwaltungsgericht überprüfen. In anderen Landkreisen, wie z.B. dem Wartburgkreis wurde ein entsprechender Antrag ordentlich beraten. 

Wir sind der Auffassung, dass es in einem Kreistag für die gewählten Kreistagsmitglieder möglich sein muss über wichtige Themen des Landkreises zu diskutieren und als Gremium auch eine Meinung zu äußern. Das sollte in jedem Falle gelten, auch wenn ein sogenannter „übertragener Wirkungskreis“ vorliegt und daher die Entscheidungskompetenz beim Landrat liegt. Im speziellen und nun beklagten Fall betrifft es aber aus unserer Sicht auch den eigenen Wirkungskreis und der Antrag hätte damit beraten werden müssen.

Wir hoffen, dass der Richter und die Schöffen unserer Argumentation folgen können und damit die kommunalen Mandatsträger stärken. Die Verhandlung ist öffentlich. 

UPDATE 4. Mai

Unsere Klage gegen den Landrat wurde nach der mündlichen Verhandlung heute abgewiesen. Das Initativrecht der kommunalen Fraktionen ist nach Entscheidung der Richter mit der Aufnahme in die Tagesordnung und einer Einbringung erwirkt. Über den Umfang der Einbringung (5 min) könnte man laut Gericht noch mal streiten. Auch die Geschäftsordnung im SHK muss angepasst werden, da der Antrag auf Nichtbefassung aktuell kein Teil der GO-Anträge ist. Beides ist aber ein unerheblicher Mangel, laut den Richtern. Es braucht auch keine Begründung für die Nichtbefassung. Eine Mehrheitsentscheidung reicht aus. Das Urteil lässt mich vor allem mit der Frage zurück, wie man Menschen denn noch motivieren sollte ehrenamtliche Mandate zu erwirken, wenn am Ende selbst bei der Frage ob diskutiert wird oder nicht, nur Machtspiele ausschlaggebend sind. Wir warten die schriftliche Urteilsbegründung ab.